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"Die schönste Zeit in meinem Leben" - Einsteinschüler reflektieren ihre Reise nach China

"Ich falle todmüde ins Bett. Der Jetlag nagt an meinen Nerven. Zurück in Deutschland, schrecklicher Alltag. Ich möchte fliehen, fliegen, doch ich kann nicht, gebunden an das Leben hier. Gestern konnte ich mir die Tränen nicht verkneifen. Glücklich wie kaum mehr, und doch so enttäuscht, in Gedanken noch im Fernen Osten. Später muss ich einfach reisen, China, das muss ich mir schwören. Die schönste Zeit in meinem Leben... bis jetzt. Meine Lider werden schwer, ich hoffe, ich träume von China." ...

Mit diesem Auszug aus ihrem Tagebuch, den die Schülerin Julia Kampa den zahlreichen Besuchern im Atrium der Albert-Einstein-Schule vortrug, endete am vergangenen Donnerstag ein denkwürdiger Abend, der unter dem Motto "China von innen" stand. 12 Einsteinschüler, die im Mai die Volksrepublik China im Rahmen eines Austauschprogramms mit einer chinesischen Schule in Chengdu besucht hatten, vermittelten einen facettenreichen Eindruck von ihrem Aufenthalt im "Reich der Mitte".

Bernhard Siever, der selbst viele Jahre in China und Singapur gelebt hat, seit zwei Jahren an der Albert-Einstein-Schule unterrichtet und nun in Hochstadt lebt, hatte die Fahrt organisiert und die Schüler gemeinsam mit der Mandarin-Lehrerin Lin Dattner in einem einjährigen Chinakunde-Kurs auf diese Fahrt vorbereitet. In seinem Eingangsstatement wies Siever, der auf der Fahrt von der ebenfalls Asien-erprobten Kollegin Claire Lambrecht begleitet worden war, darauf hin, dass trotz dieser umfangreichen Vorbereitung eine Chinareise immer ein Abenteuer bleibe und die Gruppe Abenteuer erlebt habe, "wie man sie so an keinem anderen Ort der Erde erleben kann". "Wir haben China in all seiner Schönheit und in all seinen Widersprüchlichkeiten kennengelernt" meinte Siever und lobte die "Nervenstärke und Offenheit" seiner Schüler. "Diese Schüler haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, auch mit schwierigsten Situationen umzugehen und haben dazu beigetragen, dass dieser Austausch mit unserer chinesischen Partnerschule in Chengdu ein großer Erfolg wurde.  Es sind Schüler, die bei aller Begeisterung auch Negatives nicht aus den Augen verloren haben, die sich nicht von Oberflächlichkeit blenden ließen, die aber auch deutsche Vorurteile über China zu Hause ließen."Lin_Dattner

Die Schüler hatten das Atrium mit Mitbringseln aus China geschmückt, Kaligraphien ebenso aufgehängt wie die "Steckbriefe" ihrer Partnerschüler, hatten chinesische Snacks zubereitet, und während traditionelle chinesische Musik zu hören war, konnte man Geschenke der chinesischen Schule und chinesisches Kunsthandwerk bewundern.

Die aufwändig gestaltete Präsentation, die von dem Schüler Malte Terzer in stundenlanger Arbeit vorbereitet worden war, zeigte viele beeindruckende Bilder von den 16 Tagen in China. Im ersten Teil waren Aufnahmen von dem Schulleben an der Zongbei Mittelschule in Chengdu zu sehen und Aufnahmen von der zweiten Station der Reise, Xian. Nach einer Pause waren es dann Impressionen aus Peking, die im Mittelpunkt der Darbietungen standen.  Immer wieder wurde auf die Offenheit der chinesischen Partnerschule und die überwältigende Gastfreundschaft der Chinesen hingewiesen. Schüler brachten in ihren Darbietungen aber auch zum Ausdruck, wie sehr sie der Unterschied zwischen Arm und Reich berührte, viele waren zum ersten Mal in dieser Form mit Armut in Berührung gekommen, Armut, die oft nur wenige Meter von Luxus und unermesslichem Reichtum entfernt war. Die Palette an Themen war an diesem Abend sehr breit gefächert: Auszüge aus Tagebucheintragungen, ein gemeinsames gesungenes Lied auf Chinesisch, die atemberaubende Geschichte von zwei Schülerinnen, die kurzzeitig verloren gingen, der Verlust eines Passes und seine Folgen, dramatische Schilderungen über eine nächtliche Zugfahrt von Xian nach Peking, Glücksgefühle auf der Großen Mauer, Reflektionen über das Leben in China, Fragen nach dem, "was bleibt".

Franziska Fritzsche verglich ihre Erwartungen mit ihrem Erleben der Realität in China: "Die Abenteuer, die ich erwartet hatte, waren bestimmt anderer Natur, als die, die uns tatsächlich erwarteten. Dazu zählt bestimmt die Fahrt im Nachtzug von Xian nach Beijing. Die Städte in China waren etwas, was überhaupt nicht meinen Erwartungen entsprach. Ich hatte hochmoderne, glänzende Hochhauswälder erwartet, und mir hätte eigentlich klar sein müssen, dass das nur in einigen Vierteln der Fall sein würde. Vor allem Xian kam mir jedoch eher vor wie eine Ansammlung etwas ärmlicher Vororte. Einzig und allein Beijing verband dieses typisch chinesische Gefühl mit dem Charme einer westlichen Großstadt. In Chengdu war beides irgendwie voneinander getrennt. Im Großen und Ganzen entsprach China meinen Erwartungen auf der einen Seite genau, auf der anderen Seite jedoch auch überhaupt nicht. Das hängt damit zusammen, dass China auf der einen Seite geradezu unheimlich vertraut war, auf der anderen Seite aber auch sehr fremdartig."

Ihre Mitschülerin Franziska Betz sah sich in ihren Erwartungen bestätigt: "Schon zuvor wussten wir, dass uns diese Chinareise prägen wird, wir beeindruckt und verzaubert zurückkommen und wir den Wunsch nach einem Wiedersehen im Herzen tragen werden." Und die eingangs zitierte Julia Kampa ergänzte: "Es war eben kein Europa, kein Australien oder Amerika, nein, es war Asien, der Ferne Osten, es war China. Und mit jeder Erzählung mehr, in der ich schwärmen kann, werde ich von einem Gefühl erfasst, das immer stärker wird, von einem Gefühl des Fernwehs... In diesen 16 Tagen habe ich das Erwachsen Chinas sehen, erleben, schmecken und fühlen dürfen, und für diesen Moment war China meine Welt und das einzige, was in diesem Moment zählte."