Die Theater-Film-AG der Albert-Einstein-Schule Maintal

Dass Schule Spaß machen kann, dass Literatur lebendig und lebensnah sein kann, dass auch Geschichte immer wieder aktuell ist – das zeigt die Arbeit der Theater-Film-AG an der Albert-Einstein-Schule Maintal.

Gegründet wurde die Gruppe vor zwei Jahren im Rahmen eines Lesekonzeptes, das der Deutsch- und Geschichtslehrer Thomas Langenfeld für die Albert-Einstein-Schule geschrieben hatte. Mehr als 20 Schü-ler/innen aus den Jahrgangsstufen 6 bis 12 nehmen an dem Projekt teil, und was daraus entsteht, ist beeindruckend. Am Anfang stand eine Kooperation mit dem Hessischen Landestheater Marburg, das die theatrale Arbeit übernommen hatte, und mit dem Medienprojektzentrum Offener Kanal Offenbach (MOK), das für die Medienkompetenz der Schüler/innen und der filmischen Umsetzung der Projekte eintrat. Fi-nanziell und materiell wird das Ganze von der LPR (Landesanstalt für Privaten Rundfunk) getragen. Die Zusammenarbeit mit dem Marburger Theater endete nach einem halben Jahr. Das Projekt wird seitdem von der Darmstädter Theaterschauspielerin Mandy Müller, der Medienpädagogin Claudia Wierz, der Kunstlehrerin Antje Prejawa und Thomas Langenfeld als Koordinator betreut. 

Ansatz der Arbeit ist es, ein Stück oder ein Thema vergleichend sowohl als Bühnenstück als auch als Film zu bearbeiten und die jeweiligen Besonderheiten herauszuarbeiten. Die Schülerinnen beschäftigen sich dabei eingehend mit wichtigen Themen des Lebens und mit den Vor- und Nachteilen der Bühnen- oder Film-Bearbeitung. In allen Bereichen wird der Blick hinter die Fassade geschult. 

Streit und Europäische Union

Im Jahr 2007 wurde „Der Streit“, ein Stück des französischen Schriftstellers Mariveaux (1688-1763), bearbeitet. Das Motiv des Stückes wurde in der Filmarbeit als kritische Betrachtung heutiger Reality-Shows umgesetzt, auf der Bühne wurde es dagegen klassisch inszeniert. Ein weiteres Projekt war das Thema „50 Jahre Europäische Union“. Da der Kenntnisstand einzelner AG-Mitglieder zur EU durch den großen Altersunterschied gravierend auseinanderdriftete, galt es zunächst, erst einmal ein Grundlagen-wissen zu schaffen. Danach konnten einzelne Bilder und Motive filmisch bearbeitet werden. Der dabei entstandene Film wird seitdem im Powi- und Geschichtsunterricht genutzt, da er einen umfassenden und altersgerechten Einblick in 50 Jahre Europa gibt. Für dieses Projekt „50 Jahre Europäische Union – Schü-ler packen aus“ wurde die AG im April 2008 in Kassel mit dem Medienkompetenzpreis MediaSurfer (Al-tersgruppe bis 18 Jahre) ausgezeichnet. 

Judenverfolgung – ein nicht nur am 9. November brisantes Thema

In diesem Jahr stand eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Judenverfolgung im „Dritten Reich“ auf dem Programm. Der Aufführungstermin, der dabei entstandenen Inszenierung, wurde mit der Stadt Hanau in das Programm zum Gedenken der Reichspogromnacht integriert. Um sich im Vorfeld mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen, verbrachte die Theater-Film-AG vier Tage auf dem Ettersberg und besuchte das KZ Buchenwald.

Theater-Film-AG vor der Jugendherberge auf dem Ettersberg

Doch im Blickpunkt stand nicht nur der Holocaust. Über das jüdische Leben allgemein informierten sich die Schüler/innen durch den Besuch einer jüdischen Frau, die über ihre Religion, deren Sitten und Ge-bräuche erzählte. 

Für die Theater- und Filmbearbeitung wurde der Film „Zug des Lebens“ von Radu Mihaileanu ausgewählt. Als Bühnenstück ist das Thema noch recht unbekannt, da es erst einige Male an einem deutschen Thea-ter (Theater Leipzig) aufgeführt wurde. Jörg Isermeyer, der hierfür die Rechte zur Bühnenfassung erwarb und das Stück für die Bühne umschrieb, überließ der Theater- und Fim-AG sein Manuskript und die Rech-te, seine Fassung auf die Bühne zu bringen. Unter der Leitung von Mandy Müller erarbeiteten die Schü-ler/innen eine Inszenierung, die der Fachbereich Kultur der Stadt Hanau, der Verein für christlich-jüdische Zusammenarbeit Hanau und die Jüdische Gemeinde Hanau zum Gedenken der Reichskristall-nacht am 10. November im Comoedienhaus präsentierten. Hierauf folgten Aufführungen in der Jüdischen Gemeinde Offenbach, in der Heinrich-Böll-Schule in Bruchköbel und in Karben im Rahmen der Internatio-nalen Wochen gegen Rassismus. Zuletzt wurde das Stück in Temeswar / Rumänien im Rahmen des In-ternationalen Lyzeal-Theaterfestival, an dem die Schüler der Albert-Einstein-Schule teilnahmen, gezeigt.

Auch das Filmteam der Theater-Film-AG der Einstein-Schule zeigte sich wieder sehr kreativ: Gedreht wurde nicht etwa eine Kopie des bereits vorhandenen Films. Unter der Regie von Claudia Wierz nahmen die Schüler/innen den Film als Motiv, entwickelten eine eigene Geschichte zur Thematik und setzten die-se filmisch um. Nebenbei wurden bei den Schüler/innen natürlich auch wieder die Kenntnisse in den Bereichen Studioarbeit, Kamerabedienung, Schnitt-Technik, und Nachvertonung vertieft.

Die Bühneninszenierung:

Der Zug des Lebens

Hanau. / Comoedienhaus Wilhelmsbad (10.11.08, 15 und 20:00 Uhr). „Der Zug des Lebens“ ist eine Vision: Ein jüdisches Dorf evakuiert sich selbst um der Deportation in ein KZ zuvorzukommen. Schau-platz ist ein osteuropäisches Dorf im Jahr 1941. Die jüdischen Einwohner erfahren von den Deportationen der Juden in die Konzentrationslager. 

Das Dorf entwickelt einen aberwitzigen Rettungsplan: Die Juden organisieren einen Zug und simulieren zu ihrer Flucht einen Deportationszug mit Nazi-Bewachern, die von den eigenen Leuten gespielt werden. Ein „Verrückter' führt diese abenteuerliche Flucht an. 

Das Theaterstück „Der Zug des Lebens“ von Jörg Isermeyer basiert auf der filmischen Erzählung des rumänischen Regisseurs Radu Mihaileanu von 1998. Der Regisseur stütz sich in seiner humorvollen Dar-stellung auf die reiche Tradition der jüdischen ironischen Komödie. Sein Ziel ist es „nicht zu banalisieren oder die Geschichte umzuschreiben, aber die Diskussion in Gang zu halten“. Jörg Isermeyer schrieb die Stückfassung für das Rocktheater Dresden. Er war bei der Nachmittagsvorstellung am 10. November im Comoedienhaus mit dabei und stand anschließend zur Diskussion zur Verfügung. 

Die Aufführungen wurden von der Stadt Hanau und der jüdischen Gemeinde Hanau im Rahmen der Ge-denkveranstaltung zur Zerstörung der jüdischen Synagoge in Hanau gewünscht. Darüber wird auch eine Bilderdokumentation im Rahmen der Theaterpräsentation zu sehen sein. 

Der Film zum Thema:

Hinter den Gleisen

Premiere-Vorführung am 16.12.08 um 19.30 Uhr im Atrium der Albert-Einstein-Schule Goethestraße 61, 63477 Maintal/Bischofsheim.

Danach Vorführung in der Jüdischen Gemeinde Offenbach und im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus im Jugend und Kulturzentrum Karben und in der Kurt-Schumacher-Schule Karben 

Der im Rahmen des Projektes entstandene und mehrfach ausgezeichnete Film „Hinter den Gleisen' hat das Motiv des Originalfilmes aufgegriffen und hierzu eine eigene Geschichte erzählt. Claudia Wierz hat mit den Schülern der Theater-Film-AG diesen Film ausgedacht und erstellt. Um der Zeit möglichst nahe zu kommen, wurden besondere Drehorte, das KZ Buchenwald und der Hessenpark, ausgesucht.

 

Preise:

  • 1. Platz auf dem Hanauer Schulfilmfestival
  • 1. Platz (Kategorie 4) Mediasurfer Kassel