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Mon expérience en France - von Jennifer Michels

„Wie alles begann..."

Da ich mich bereits in der 9. Klasse für den Voltaireaustausch interessiert habe und am Tag der offenen Tür 2007 an der AES Gespräche mit ehemaligen Teilnehmerinnen führen konnte, ging alles sehr schnell.

Ich habe gemeinsam mit meiner Französischlehrerin meine Bewerbungsmappe vorbereitet und von da an Tag für Tag auf eine Antwort gehofft. Glücklicherweise wurde ich einige Wochen danach darüber informiert, dass ich im Programm aufgenommen wurde.

Ich war super glücklich und konnte es kaum erwarten, erstmals Kontakt mit meiner Austauschschülerin aufzunehmen.

Nachdem ich die Mappe mit den Informationen und Kontaktdaten meiner „Corres" bekommen hatte, haben wir uns über E-Mails zum ersten Mal unterhalten und ausgetauscht.

Von da an waren es nur noch zwei oder drei Wochen, bevor sie dann letztendlich nach Deutschland gekommen ist, um die erste „Hälfte" des Austausches mit mir und meiner Familie hier in Maintal Anfang März 2008 zu beginnen.

„Unser Leben in Deutschland“ 

Der Augenblick, in dem wir uns beide zum ersten Mal wirklich gesehen haben, war sehr emotional. Wir konnten uns beide die Nervosität anmerken und haben uns erstmal vorsichtig an den anderen herangetastet. Ich fand es fast unmöglich mir vorzustellen, mit dieser noch fremden Person das nächste Jahr zu verbringen; und doch war die neue Situation sehr spannend.

Da ihr Vater sie nach Deutschland begleitet hat, um meine Familie und ihren „zukünftigen Wohnort“ zu sehen, sind wir alle schnell ins Gespräch gekommen. Unsere Eltern sprachen jeweils nicht die andere Sprache, was sehr lustig war, da Lise, meine Austauschschülerin, und ich dadurch als „Übersetzer“ gebraucht wurden und uns mit Händen und Füßen verständigen mussten.

Am nächsten Tag hatte Lise bereits ihren ersten Schultag an der AES und ihr Vater ist wieder abgereist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns durch den vorigen Abend und den hervorgegangenen „E-Mail-Kontakt“ schon so gut kennen gelernt, dass wir uns nicht mehr unwohl miteinander gefühlt haben.

Ich fand es toll eine Art „Schwester“ zu haben, mit der ich von nun an meinen Alltag teilen würde und die in die gleiche Klasse geht wie ich.

Außerdem war ich erleichtert zu sehen, dass meine Austauschschülerin zwar etwas schüchtern war, aber sehr offen mit der Situation umging; sowie in der Schule als auch Zuhause in der Familie. Sie hat schnell Kontakt zu Klassenkameraden aufgebaut und nach einigen Wochen fühlte es sich an, als wäre sie schon immer ein Mitglied unserer Familie gewesen.

Trotz der anfangs durch und durch guten Erfahrungen, die wir zusammen gemacht haben, hatten wir natürlich auch unsere Schwierigkeiten. Da wir uns ein Zimmer geteilt haben und auch noch in die gleiche Klasse gegangen sind, haben wir 24 Stunden am Tag miteinander verbracht und oft den Alltagsstress aneinander ausgelassen, ohne das wirklich zu beabsichtigen. Außerdem mussten wir uns nach den ersten Monaten und nachdem die „interessante neue Zeit“ vorbei war, auch an die neue Situation und den Alltag zu zweit gewöhnen - ich fand es oft merkwürdig alles nur noch  im „Doppelpack“ zu machen: Meine Freunde treffen, Schulausflüge und natürlich auch den Sommerurlaub, der für mich jetzt allerdings dank ihr zu einem der Schönsten überhaupt zählt.

Als wir Lise letztendlich nach Abschluss der ersten Hälfte des Austausches zum Bahnhof brachten, waren alle sehr traurig, jedoch wussten wir, dass wir uns in ein paar Tagen schon wiedersehen würden, um den zweiten Teil des Voltaireaustausches zu beginnen.

Schon als ich beobachtete wie ihr Zug den Bahnhof auf dem Weg nach Frankreich verließ, wusste ich ganz genau, dass mein Leben sich schon sehr bald grundlegend verändern würde.

Ich glaube ich muss nicht erklären, wie aufgeregt und nervös ich von diesem Augenblick an war!!!

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„Mein Leben als Französin“

Meine Eltern haben mich Ende August nach Frankreich begleitet. Abgesehen davon, dass ich die ganze Autofahrt vor Aufregung nicht einmal an schlafen denken konnte, war ich froh, besonders am ersten Tag etwas Unterstützung und Vertrautheit bei mir zu wissen.

Nachdem wir dank des GPS und der Hilfe einiger Franzosen früh am Morgen in Amiens angekommen sind und ich die tolle Stadt mit ihrer Kathedrale durch das Autofenster beobachtet habe, konnte ich mich mehr und mehr mit dem Gedanken anfreunden, dort tatsächlich ein halbes Jahr zu leben.

Als wir endlich vor der kleinen gemütlichen Wohnung von Lises Familie angekommen sind, ging alles ziemlich schnell. Ich habe Lises Mama, deren Freund und ihre Schwester Nina kennengelernt und fand sie alle sehr nett, was mich erleichtert hat. Wir haben zusammen Mittag gegessen, sind spazieren gegangen und ich habe die Stadt etwas besser kennengelernt. 

Trotzdem schien mir die ganze Situation noch viel zu surreal, um beispielsweise ernsthaft an den anstehenden Abschied meiner Eltern zu denken oder daran, dass ich ab morgen für ein halbes Jahr nur noch französisch sprechen müssen würde!

Glücklicherweise kam an diesem Tag Lises beste Freundin Marianne zu Besuch, die mich sofort zum Lachen gebracht hat (nicht dass ich verstanden hätte, was sie genau gesagt hat!). Das hat die Abfahrt meiner Eltern definitiv leichter gemacht, da ich sofort so abgelenkt von den neuen Eindrücken und Personen war, dass ich mich nicht mehr auf die Angst und Nervosität von vorher konzentrieren konnte.

Der erste wirklich „schlimme“ Tag für mich war der zweite Tag, da ich zum ersten Mal nur französisch gesprochen habe und mich noch sehr unsicher in der neuen Familie gefühlt habe. Da Lise die Situation aus eigener Erfahrung gut verstanden hat, hat sie in den ersten Tagen viel allein mit mir unternommen, damit ich mich langsam an die Umgebung und vor allem an die Sprache gewöhnen konnte - dafür war ich ihr sehr dankbar.

Es hat nicht lang gedauert und ich habe mich auch in der Familie wohl gefühlt. Lises Mama, Béatrice, hat mich sehr an meine eigene erinnert, da sie sich immer sehr um mich gekümmert hat und mir bei allen Fragen zur Verfügung stand.

Nach zwei Wochen, ein Tag vor meinem ersten Schultag, ist auch Lises Papa zurückgekommen, der bis dahin auf einer Geschäftreise gewesen war.

Da ich ihn schon aus Deutschland kannte, fand ich es sehr schön ihn wiederzusehen. Von da an haben wir auch bei Lises Vater, Jean, gelebt und ihre Mama nur an den Wochenenden gesehen, was mir obwohl ich beide sehr mag, gut gefallen hat, weil ich es von Zuhause gewohnt war, beide Elternteile bei mir zu haben und das etwas ganz Neues war! 

Mein erster Schultag hat mir große Angst gemacht. Ich wusste nämlich, dass ich in Frankreich 6 Tage die Woche Schule haben würde und das oft den ganzen Tag - in einer neuen Klasse, ohne meine „Corres“.

Ich hatte allerdings das Glück, wundervolle Klassenkameraden zu haben, mit denen ich mich überraschend schnell angefreundet habe. Erstmal war ich natürlich unglaublich schüchtern und teilweise auch überfordert mit dem hohen Arbeitspensum der Franzosen, aber durch die Hilfe neu gewonnener Freunde konnte auch das schnell bewältigt werden.

Ich hatte von nun an nicht nur samstags Unterricht, sondern habe auch fast jeden Mittag in der Kantine gegessen, was etwas ganz Neues für mich war.

Meine Kantinenkarte hat mich natürlich sehr stolz gemacht und ich habe jeden Augenblick genossen - sogar freitags wenn es Fisch gab! – in dem ich als ganz normale Französin mit meinen Freunden essen konnte.

Der lange Schulalltag hat mir nicht nur bei der Erweiterung meiner Französischkenntnisse geholfen, sondern auch meiner Beziehung zu meiner Austauschschülerin gut getan, da wir uns abends von unserem Tag erzählen konnten und trotzdem unser eigenes Leben mit eigenen Freunden hatten.

Obwohl wir uns nur abends gesehen haben und beide oft müde waren, hat sich eine enge Freundschaft zwischen uns entwickelt, die in Deutschland noch nicht möglich gewesen wäre. Wir haben außerdem viel am Wochenende zusammen unternommen: Kinobesuche, Unternehmungen mit Freunden in der Stadt, Urlaube…

Wir waren zum Beispiel eine Woche in Belgien, ein Wochenende in Paris in Verbindung mit einem Besuch des Schlosses von Versailles und einer Kunstausstellung von Jeff Koons und einige Tage in den Vosges, um Lises Familie zu besuchen. Ich habe diese kleinen Reisen immer sehr genossen und die allgemeine Entdeckung neuer Städte und Gebiete schon alleine wären den Austausch wert gewesen.

Selbstverständlich habe ich auch zahlreiche kulturelle Unterschiede entdeckt, die ich niemals an einem Tag aufzählen könnte. Das Essen war anders- und super lecker- die Essenszeiten, Gewohnheiten, Manieren, Traditionen, Feste…

Außerdem hat man sich dort, egal ob man sich gut kannte oder nicht, zwei Küsse auf die Wangen gegeben um sich zu begrüßen - diesen Unterschied fand ich besonders interessant, da er typisch französisch ist und mir immer das Gefühl gegeben hat, wirklich „dazuzugehören“.

Letztendlich musste ich aber doch nach sechs Monaten voll „Ping-Pong“ im Sportunterricht, Crêpes und „Chocolat chaud“ nach der Schule und den „Fêtes de la fin de l’année“ wieder nach Deutschland zurückkehren und meine zweite Familie  - und das sage ich aus tiefstem Herzen- verlassen.

Obwohl ich mich auf meine Familie, meinen Freund und meine Freunde unglaublich gefreut habe und diese zum Ende hin vermisst habe, fiel es mir sehr schwer „Au revoir“ zu sagen, da ich wusste, dass ich zwar auf jeden Fall wiederkommen würde; aber dieses Mal als Gast, nicht mehr als „Vraie Francaise“.

Ende Februar habe ich also die letzten Unternehmungen mit meinen Freunden gemacht, viele Adressen und Telefonnummern ausgetauscht und die letzten Abende mit meiner Gastfamilie und Austauschschülerin verbracht, die ich sehr genossen habe.

Als meine Familie mich dann wenige Tage später in der Picardie abgeholt hat, wurde unter Tränen das letzte Mal die „Bise“ ausgetauscht und wir sind abgefahren - meine Tränen während der folgenden Tage Zuhause haben mich fast selbst überrascht.

Ich habe schnell gemerkt, wie sehr mich der Austausch verändert hat, wie sehr ich mein „altes“ Leben zu schätzen gelernt habe und wie viel ich in relativ kurzer Zeit für mein Leben und sicherlich auch für meinen späteren Berufsalltag gelernt habe.

„ Fazit “

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich es nie bereut habe, am Austausch teilgenommen zu haben und es die wohl bereichernste Erfahrung meines bisherigen Lebens gewesen ist. Ich habe nicht nur neue Freunde, eine zweite Familie und eine neue Sprache gewonnen, sondern durfte ein halbes Jahr an einer „fremden“ Kultur teilhaben und täglich neue, interessante Unterschiede entdecken.

Ich empfehle das Voltaireprogramm definitiv weiter, da es eine günstige und sehr effektive Möglichkeit ist, schnell und auf spielerische Weise die französische Sprache zu erlernen, Einblick in eine andere Kultur zu bekommen und vielleicht auch sich selbst ein bisschen besser kennenzulernen 

Je vous remercie tous de m'avoir permis de vivre cette expérience inoubliable !