Neuigkeit

Bio-Kursfahrt 12er Ijsselmeer

Am 12. Juni 2010 war es dann endlich so weit: Nach fast ein Jahr währender Planung und Vorbereitung winkten morgens um 6 Uhr einige Eltern den beiden Bio-Leistungskursen Gute Fahrt für eine siebentägige Segel-Fahrt auf dem Ijsselmeer zu, die den Abschluss des Unterrichtsabschnitts Ökologie bildete. 6 Stunden Busfahrt über die Autobahn sind anstrengend oder doch ermüdend, vermochten aber die gute Stimmung nicht zu beeinträchtigen.

Nach einem ungeplanten kleinen Umweg durch ein großes holländisches Volksfest wurden mittags die beiden großen Segelschiffe (jedes ca. 25 Meter lang) mit einer Unzahl von Koffern, Taschen und Kisten beladen. Schließlich sollte es ja eine Bio-Fahrt werden, und außerdem musste man auf jedes Wetter vorbereitet sein.

Die Maintaler Landratten waren auch gleich tüchtig gefordert: Nach einer kleinen Einführung in die Verhaltensmaßregeln an Bord eines Schiffes (der Kapitän verlangt unbedingten Gehorsam, und jeder Teilnehmer war verpflichtet, wenigstens die ganz einfachen Seemannsknoten zu erlernen und auch zu beweisen, dass er's / sies's kann) wurden sofort die Segel gesetzt. Windstärke 5 bis 6 verursachte eine beachtliche Schräglage der Schiffe, und nicht jeder überstand diesen heftigen Start ohne seekrank zu werden. Herr Dr. Patzlaff, der solche Fahrten auf dem Ijsselmeer schon mit Kursen anderer Schulen durchgeführt hat, hatte dementsprechend viele mehr oder weniger besorgte Fragen zu beantworten, ob das nun die nächsten Tage so weiter gehen werde etc. 

Am Abend waren wir quer über das Ijsselmeer gesegelt und gespannt, ob wir bei ungünstigem Wind morgen unser nächstes Ziel erreichen würden.

Unterwegs wurden schon einmal die ersten Wasserproben genommen, die dann im mitgenommenen Labor untersucht werden sollten.

Es war gar nicht so einfach, das Leben an Bord zu organisieren: Abends oder morgens im Hafen oder in der Stadt das Nötigste einkaufen, rechtzeitig mit dem Duschen fertig sein, immer bereit sein, eine laufende Arbeit (oder auch das Faulenzen) für eilige Segelmanöver zu unterbrechen, das Gehen auf einem schwankenden Schiff lernen, mit letzter Kraft die Schwertwinde doch noch zuende bedienen, damit leben, dass nicht zu jeder Tageszeit viel Strom verbraucht werden darf, ständig die Kleider wechseln, wenn es wärmer oder windiger wird usw.

Aber es hätte auch schlimmer kommen können: Es gab weder Sturm noch Dauerflaute, es gab keinen ernsten Streit, obwohl man sich auf einem Schiff ja nicht einfach mal so aus dem Wege gehen kann, es gab auch keine Probleme mit Alkohol oder Drogen, und sogar die Fußball-Fans kamen mit einer eigens aufgebauten Beamer-Leinwand auf ihre Kosten, oder später mit dem Fernseher, über den eines der Schiffe verfügte. 

Am zweiten Tag hatte sich der Wind ziemlich gelegt, aber die geplante Route musste geändert werden, da der Wind uns zum sog. Kreuzen zwang. Auch am dritten Tag mussten wir wegen der Windverhältnisse die Route neu planen: Das Hauptziel unserer Fahrt, die Insel Texel (sprich: Tessel), wurde vorgezogen, war aber nur über eine vergleichsweise enge Fahrrinne zu erreichen. Das bedeutete bei immer noch ungünstigen (zum Segeln aber eher interessanten) Windverhältnissen unzählige Wendemanöver, und das wieder bedeutet bei diesen Schiffen zusätzlich: alle paar Minuten abwechselnd die schweren Seitenschwerter hochkurbeln. (Natürlich entstanden dabei allerhand lustige Videos!)

Krafttrainig hatte nach der Fahrt überhaupt niemand mehr nötig.

Die kleinen körperlichen oder charakterlichen Schwächen, die jeder nun mal so an sich trägt, kommen bei solchem Einsatz naturgemäß besonders deutlich heraus, und also gab es fast ununterbrochen irgendetwas, worüber man herzlich lachen konnte, ohne dass irgendjemand deswegen beleidigt sein musste. Auch der Kontakt mit dem Kapitän (auf einem Schiff war das eine Frau) und seinem Maat (Segel-Assistent oder in diesem Falle so etwas wie der erste Offizier) war auf beiden Schiffen gut, und man beschloss, die Hauptmahlzeit des Tages gemeinsam einzunehmen.

Der Kurs Grösser-Pütz hatte den Luxus, einen Chefkoch mitgebracht zu haben (Kursmitglied Max), der anscheinend das Zeug hätte, auch auf einem Luxusliner die Fahrgäste zu versorgen.

Auf Texel gibt es das Ecomare, eine Mischung aus Museum und Erlebnispark (inkl. Restaurant), das sich ganz dem Kennenlernen und den Problemen von und mit Wattenmeer und Nordsee widmet.

Erreicht wurde das tief in die Dünen eingeschmiegte Gelände mit den eigens für diesen Tag gemieteten Fahrrädern, und die vier oder fünf Stunden Aufenthalt, dessen Abschluss die Fütterung der kranken oder in Pflege befindlichen Seehunde bildete, vergingen schneller als gedacht.

Anschließend war Zeit, in einem oder zwei der Inselstädtchen shopping zu treiben oder irgendetwas leckeres zu probieren.

Mit günstigem Wind ging es dann weiter nach Den Oever. Hier war das Ziel das ausgedehnte und in dieser Gegend beinahe gefahrlos zugängliche Watt. Für viele war das offensichtlich die erste Begegnung mit einem Untergrund, auf dem man im Zweifel sein Gleichgewicht nicht halten kann oder auch, in den man einfach einsinkt und ohne fremde Hilfe nur schwer wieder herauskommt, wenn man zu lange an einem Fleck stehen bleibt. So gab es am Ende auch mindestens zwei Teilnehmer, die bis zur Hüfte oder weiter im Schlamm gesteckt hatten. Auch zeigte sich hier sehr deutlich, dass die meisten Kursteilnehmer noch wenig Erfahrung mit den Regeln anspruchsvollerer biologischer Exkursionen hatten. Die unvermeidliche Folge ist, dass am Ende alle weniger erleben dürfen als sie hätten können. Dennoch konnten schließlich die wichtigsten Beobachtungen nach Hause getragen werden. Der Anfang ist also gemacht, und letztlich haben alle Teilnehmer eine wichtige Probe bestanden: sich plötzlich in einer völlig ungewohnten und schwierigen Umgebung bewähren zu müssen! (Anspruchsvolle Hobbyforscher können hier übrigens mit einem Marmeladenglas voll Schlick tagelang all die vielen Lebewesen mit Lupe und Mikroskop untersuchen: Würmer Schnecken, Krebse, Algen uvm.)

Und an Land wachsen direkt an das Watt angrenzend ebenfalls viele außergewöhnliche Pflanzen, von denen mehrere besondere Anpassungen an die salzige Umgebung aufzuweisen haben.

Dieses Watt ist eine äußerst merkwürdige Sache: Auf den ersten Blick wirkt es fast wie tot, aber man muss nur einen Spaten nehmen, um zu sehen, dass es voll von Lebewesen ist, deren prominentester Vertreter sicher der Wattwurm ist. Und das, obwohl schon wenige Millimeter unter der Oberfläche eine völlig sauerstofffreie schwarze Schicht kommt, die eigentlich furchtbar nach faulen Eiern stinkt und durchaus tiefer als einen Meter sein kann. Der starke Wind ersparte uns allerdings allzu intensive Bekanntschaft mit diesem Duft.

Krönender Abschluss der Fahrt war das schmucke Hafenstädtchen Hoorn. Hinter der sauberen, aber eher langweiligen modernen Hafenfassade finden sich schnell Häuser und Straßen in ansprechender Architektur, teils aus dem Mittelalter, und wie in Holland so üblich ist alles durchzogen von kleinen schiffbaren Gräben und Kanälen. Wolkenloser Himmel und sommerliche Temperaturen luden dazu ein, alles mal etwas langsamer gehen zu lassen.

Im Zielhafen Lelystad mussten wir einige Zeit auf unseren Bus warten, der in holländischen Autobahnstaus festgesessen hatte.

Trotzdem waren wir einigermaßen pünktlich am späten Freitag Abend (18.6.2010) wieder in Maintal zurück, und dem Vernehmen nach ist es wohl für einige Kursteilnehmer nicht die letzte Fahrt auf das Ijsselmeer gewesen.